Wenn
Sie jetzt fragen, wieso Sie noch nie einen Lowther-Treiber in einer
seriengefertigten High-End-Box gesichtet haben, dann habe ich einige teil.
provokative Antworten für Sie. Ersten.: Lowther-Treiber gelten als
kompliziert, schwer beherrschbar und rein mess-technisch nicht als das
Gelbe vom Ei. Zweitens: Für Lowther geeignete Schallführungen können
Schreiner in den Wahnsinn treiben, führen mindestens aber zum Ausstellen
von Gehäuserechnungen, die den Besteller in den Wahnsinn treiben. Drittens:
Lowther-Chassis sind extrem teuer, extrem empfindlich und kommen aus einer
Fertigung, die lieber Tee trinkt, statt extreme Toleranzen einzuhalten.
Viertens: Die beliebten subsonischen Bassanteile führen beim Lowther zu
Auslenkungen, für die er nicht gebaut ist. Fünftens: Lowther-Treiber
sehen scheiße aus, weil Highender gelbe, schwarze oder alufarbene
Membranen bevorzugen. Sechstens: Lowther werden vor allem von
Lautsprecherbastlern verwendet, die für einen Tonabnehmer höchstens 50
Euro ausgeben, und sind deshalb aus Prinzip abzulehnen.
So: Was ich Ihnen eben erzählt habe, ist nur ein winziger Ausschnitt
jenes Geschwätzes, das Sie über Lowther hie und da vor den Latz
bekommen. Wie immer ist einiges davon schlicht Unfug und einiges davon
enthält vielleicht nicht nur ein Körnchen Wahrheit. Also mal der Reihe
nach: Lowther baut - übrigens schon verdammt lange - Breitbänder. Und
Lowther ist - übrigens schon verdammt lange - Kult. Darüber hinaus
besitzen Lowther-Treiber Wirkungsgrad - übrigens verdammt viel davon. So:
Das sind die Fakten, auf die Sie sich verlassen dürfen. Beim Rest kommt
es schlicht darauf an, was man daraus macht. Ich selbst habe schon mit
Lowther bestückte Lautsprecher gehört, die zum Fürchten schlecht waren.
Und ich habe Lowther-Applikationen gehört, die waren gut, so verdammt
gut, dass man sich wirklich ernsthaft fragen musste, ob der Rest der
Boxen-Entwickler seit Jahrzehnten pennt.
Der deutsche Vertrieb Audio Technik in Bad Salzuflen liefert
Lowther-Designs sowohl als Fertigbox als auch in Form von vorgefertigten
Holzbausätzen aus. Und natürlich sind auch Chassis erhältlich.
Zusätzlich werden die Treiber auseinander genommen, in der Neumontage
optimiert sowie paarweise selektiert. Darüber hinaus hat sich
Lowther-Spezialist Dieter Kirchhoff um die Entwicklung neuer Membranen
gekümmert, die von der englischen Fertigung übernommen wurden. Langer
Rede kurzer Sinn: Lowther von heute hat mit Lowther von vor zehn Jahren
nicht mehr viel zu tun. Dass dieses außergewöhnliche Produkt dennoch
intensive Betreuung braucht, steht außer Frage, zumal die resultierenden
Lautsprecher nicht einfach irgendwo hingestellt, sondern - eventuell im
Teamwork mit einem Subwoofer - liebevoll aufstellungsoptimiert und mit
einer passenden Kette kombiniert werden sollten. Stellen Sie sich das
Ganze vielleicht vor wie eine kleine, edle Sportwagenschmiede, die ja auch
darauf angewiesen ist, dass ihre Kunden das Produkt zu würdigen wissen
und damit umgehen können.
Die von uns ausgesuchte Academy ist etwa einen Meter hoch und weist
über 40 Zentimeter Gehäusetiefe auf. Wichtigstes Kennzeichen dieses
Back-Loaded-Horndesigns ist der Einsatz zweier Treiber und zweier
ineinander verschachtelter, recht komplizierter Hornverläufe. Beide
Hornöffnungen münden auf der Lautsprecherrückseite, Treiber Nummer zwei
sitzt etwas nach hinten geneigt auf der Oberseite der Box, die im Betrieb
ohne unterstützenden Subwoofer relativ dicht - weniger als einen halben
Meter - vor einer Wand positioniert werden sollte, um den Bass- und
Grundtonbereich zu verstärken. In der Academy sind, je nach Geldbeutel
und Klanggeschmack, verschiedene Chassisbestückungen möglich; in unserem
Fall ergeben ein Lowther PM6A als Front- und ein PM6C als Indirektstrahler
eine Nennimpedanz von vier Ohm sowie einen Wirkungsgrad von runden 98
Dezibel, wobei als sinnvolle Verstärkerleistung ein (!) bis 40
Watt angegeben werden.
Durch
den Einsatz extrem kräftiger Neodymium- und Alnico-Magnete erreichen die
Lowthers brachiale Feldstärken im Luftspalt, einige Treiber benutzen
sogar acht Kilogramm schwere Antriebe, um die schon unglaubliche
Feldliniendichte von 2,4 Tesla zu realisieren. Unter Benutzung von
doppelseitig auf den Träger gewickelten Alu- oder auch
Silberdraht-Schwingspulen, superleichten Papiermembranen und ziemlich
großen Hochtonkegeln gewährleisten die Breitbänder deshalb ohne
weiteres einen weit hinaufreichenden Frequenzgang, der den Einsatz von
zusätzlichen Hochtönem völlig überflüssig macht. Es ist sicherlich
einleuchtend, dass diese Chassis-Exoten, in denen enorm viel Arbeit
steckt, ihren Preis haben, der je nach Modell zwischen 300 und 1200 Euro
pro Stück angesiedelt ist.
Apropos Verstärkerleistung: Unabhängig davon, welche Art von Messung
man bemüht, erweist sich die Academy unter allen hier vorgestellten
Lautsprechern stets als der Wirkungsgrad-Champion. Sie ist eines der ganz
wenigen Konzepte, bei denen man bereits - Röhrenfreaks, aufgepasst! - mit
winzigen Verstärkern von nur ein paar Watt arbeiten kann. In der Praxis
benimmt sich die Box auch im Teamwork mit kleinen
Transistor-Vollverstärkern anständig, wobei der Autor allerdings Röhren
den Vorzug einräumen würde. Dämpfungsfaktoren seitens eines
Verstärkers haben solche Hörner nicht nötig, weshalb man genau hier
eine natürliche Domäne der inzwischen zahlreichen Eintakt-Röhrenamps
sehen darf. Mit den drei Watt einer 2A3 sind bereits Höllenpegel
möglich, beim nächtlichen Leisehören beweist die Academy dagegen mit
feinstem Ansprechverhalten und in Bezug auf geringe Lautstärke
exemplarisch guter Dynamik, dass selbst weit unterhalb der viel
beschworenen Zimmerlautstärke; echter Musikgenuss möglich ist.
Dass man auch hier trotz wand- oder ecknaher Aufstellung mit einem eher
schlanken, feinziselierten, je doch keinesfalls übertrieben analytischen
Klang rechnen muss, ist bei einem relativ klein dimensionierten Horn kein
Wunder, wenngleich die Academy so noch keine wirklich relevante
Grundtonschwäche offenbart. Problematisch wird's erst dann, wenn die Box
weiter weg von der Wand frei im Raum positioniert wird, ein Fall, der
förmlich nach Subwoofer-Unterstützung schreit.
Der
nach Klipsch-Prinzip gebaute aktive Eckhorn-Subwoofer namens ATS
ist nun die probate Lösung. Wer sich mit dem Eckhorn-Sub eingehend
beschäftigt, dem kommt schnell die provokante Idee, warum, Teufel nochmal,
immer noch herkömmliche Woofer aktuell sind ... Bringt der 38er-Treiber
im Eckhorn doch mithilfe der Horn-Verlängerung durch die Zimmerwände
einen Riesen-Wirkungsgrad, der den Sub mit weniger als einem Zwanzigstel
des Leistungsbedarfes üblicher Woofer auskommen lässt. Noch Fragen? Um
an die Schnelligkeit der Academy anzuknüpfen, ist ein ebenfalls nach dem
Hornprinzip arbeitender Sub ohnehin die einzig vernünftige Lösung,
allerdings mit zwei - verschmerzbaren - Nachteilen: Erstens ist eine freie
Raumecke hinter der Anlage nötig, zweitens stellt das tief genug
hinabreichende Bass-Eckhorn mit 70 Zentimetern Höhe und über 60
Zentimetern Tiefe schon ein ziemliches Klötzchen dar. Doch damit ist auch
Platz für luxuriöse Elektronik, alle relevanten Parameter sind präzise
einstellbar, zudem stehen Cinch- und Lautsprecherkontakte für
Parallelbetrieb zur Verfügung. Dass man die vor allem im Phonobetrieb
gerne auftretenden Subsonic-Auslenkungen von einem Lowther fernhalten
sollte, leuchtet ein. Auch deshalb sind Röhrenverstärker, die Frequenzen
unterhalb von 20 Hertz normalerweise nicht passieren lassen, geeignete
Partner.
Mit ihrer bidirektionalen Abstrahlung erzeugt die Academy ein großes,
enorm luftiges und losgelöstes Klangbild, welches zu genießen leicht
fällt, bevorzugt man den optimalen Hörplatz im Stereodreieck. Wie viel
Hochtonanteile ankommen, ist in erster Linie durch mehr oder weniger
starkes Anwinkeln des Lautsprechers festzulegen, dessen dynamische
Fähigkeiten auf allerhöchstem Niveau liegen. Und wenn es um die
Umsetzung feinster Signale geht, spielen die sprichwörtlich empfindsamen
Treiber ihre Vorteile klar aus: Hier wird selbst der leiseste Hauch
hörbar, übrigens inklusive etwaiger Störspannungen (Rauschen, Brummen)
seitens der Elektronik. Die muss exemplarisch sauber laufen, um den Hörer
nicht zu Tode zu nerven, ein zur Wärme tendierender (Ketten-)Klang
könnte ebenfalls nicht schaden, wirken die Chassis in Bezug auf Präsenz-
und Hochtonlagen doch alles andere als geizig. Das Ergebnis ist eine
blitzsaubere, detailpräzise Darstellung, die eine enorme Bühne aufbaut
und nur am unteren Ende des Frequenzspektrums an Volumen und Pracht
einbüßt; da wünscht man sich bisweilen ein kleines Grundtonbäuchlein
herbei, um Klangkörpern mehr Fülle zu verleihen. Zum Ausgleich kommt
alles staubtrocken und völlig ohne jenen Gehäusesound, den man im
direkten Vergleich sogar gelungenen Bassreflex-Designs zuschreiben muss.
Fakt ist, das Horn erweist sich als Musterknabe mit Drall und Farbe, dem
die früher oft diagnostizierten Lowther-Ausflüge in tonale Abgründe
offenkundig mit großem Erfolg ausgetrieben wurden. Dennoch - und
vielleicht überraschenderweise - kein Teil für Pegelfanatiker: Wer es
diesbezüglich zu bunt treibt, stellt deutliche, hart einsetzende
Komprimierungseffekte sowie Glasigkeit fest, ein Effekt, der freilich erst
dann auftritt, wenn Vernunftgrenzen überschritten werden.
image x-trakt
So viel steht fest: Die Academy macht nicht mehr und nicht weniger
Fehler als andere sehr gute Lautsprecher. Sie spielt mühelos auf
High-End-Niveau, besitzt mit ihrem superhohen Wirkungsgrad aber nicht von
der Hand zu weisende klangliche Vorteile, eignet sich zudem perfekt als
Partner für Röhrenverstärker. Die Zeiten, als HiFi-
Freaks über Breitbänder oder Hörner die Nase rümpfen durften, sind
allemal vorbei: Welcome back!
image infos
|
Lautsprecher Lowther Academy
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Prinzip |
Breitband-Horn |
Bestückung |
Lowther PM6AAT und PM6CAT |
Nennimpedanz |
4 Ohm |
Wirkungsgrad |
98 dB |
Besonderheiten |
Zweifachhorn mit Indirektstrahler, Sonderfurniere möglich,
auch Holzbausatz erhältlich (Stückpreis 190 Euro ohne Chassis),
Minimalversion in Multiplex mit 2 x PM6C ab 1000 Euro/Stück |
Maße (B/H/T) |
28/100/43 cm |
Gewicht |
37 kg |
Garantiezeit |
je nach Chassis 24 bis 60 Monate |
Paarpreis |
3670 Euro (komplett mit Sonderfurnier) |
Subwoofer ATS
|
Prinzip |
Eckhorn, aktiv |
Bestückung |
38-cm-Innentreiber |
Besonderheiten |
Aktivmodul SW 2.0 |
Leistung (8 Ohm) |
110 Watt |
Maße (B/H/T) |
70/72/64 cm |
Gewicht |
50 kg |
Garantiezeit |
24 Monate |
Preis |
1000 Euro |
image kontakt
|
Audio Technik GmbH |
Schumannstraße 36 |
32105 Bad Salzuflen |
Telefon 05222/3096 |
www.lowther.de |
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