In den letzten Jahren haben Röhrenverstärker nicht nur eine Renaissance
erlebt, wie wohl kaum eine "veraltete" Technologie zuvor. Die
Entwicklung ist dabei auch noch zu Geräten hin verlaufen, die die
Stärken und Schwächen dieser Technik auf die Spitze treiben. Unter dem
Schlagwort Trioden-Verstärker sind einige Produkte auf den Markt
gekommen, die dem Röhrenfreund ein Maximum an Wohlklang versprechen, die
dafür aber auch mit eher lächerlichen Leistungsdaten auffahren. Ob nun
"Röhrenwatt" mit "Transistorwatt" vergleichbar sind
oder nicht, braucht an dieser Stelle nicht erörtert werden. Tatsache ist,
daß uns auffällig viele Anfragen erreichen, die in diesem Zusammenhang
auf besonders wirkungsgradstarke Lautsprecher abzielen.
100 dB bei 4 Watt!
Als unsere Aufgabe erschien es uns nun also, hier nach Lösungen zu
suchen, die nicht nur laut, sondern auch eines angenehmen Klanges fähig
sein sollten. Es ist kein Zufall, daß wir bei einem Hersteller fündig
wurden, der seine Produkte im wesentlichen zu einer Zeit konzipiert hat,
als HiFi-Verstärker mit einer Leistung von mehreren hundert Watt noch so
etwas wie Privatraumschiffe waren. Die Treiber des englischen
Traditionsherstellers LOWTHER zeichnen sich also fast von je her durch
einen gewaltigen Wirkungsgrad aus.
Gemischte Gefühle
Es braucht nicht verschwiegen werden, daß uns bei den ersten
Überlegungen in diese Richtung unsere bisherigen Erfahrungen mit
LOWTHER-Lautsprecher etwas im Wege standen. Schön laut waren sie ja
immer, und, da in sauber entwickelten Hörnern eingesetzt, konnten sie
auch in der Dynamik eher begeistern als kalt lassen. Daß jedoch die
Breitbänder-typische Bündelung den Hörer festnagelt, kann nicht als
Vorteil empfunden werden. Daß selbst in der optimalen Abhörposition die
Tonalität nichts mit wie auch immer gearteten Normvorgaben für
Linearität zu tun hatte, hat dann letztlich diese "Kracher"
immer mehr aus Top-Anlagen vertrieben, je preiswerter mit leiseren, aber
auch unproblematischeren Boxen die gewünschten Pegel erreicht werden
konnten.
Heilende Hände
Erst ein Besuch beim deutschen Lowther-Vertieb der Firma AUDIO TECHNIK in
Bad Salzuflen, öffnete also diesen Lautsprechern wieder die Tür der
HÖRMAL!-Redaktion. Hier sahen wir nämlich erstaunliches: In Reih und
Glied lagen die Einzelteile etlicher Chassis zwischen Mikroskopen,
Feinwerkzeugen und modifizierten, bzw. weiterentwickelten Membranen. Hatte
Lowther die Endmomtage nach Deutschland verlegt? Die Antwort gab der
Inhaber von AUDIO TECHNIK, Herr Kirchhoff, dankenswert unbefangen: die
Serienstreuungen aus der Originalproduktion entsprechen ebenso wenig
seinen Vorstellungen und denen seiner Kunden, wie die Weiterentwicklung
der Produkte dies in den letzten Jahren getan hatte. Konsequenz daraus war
zum einen, daß in Bad Salzuflen neue Membranen entwickelt wurden, deren
Vorteile dann in die Fertigung in England einflossen. Zum anderen wird
jedes Chassis bei AUDIO TECHNIK auseinandergenommen, überprüft und in
der Neumontage optimiert. In diesem Zusammenspiel sind nunmehr Chassis
entstanden, die den entsprechenden Lowther-Treibern von vor 10 Jahren
himmelweit überlegen sind und die zudem eine gewisse Seltenheit
auszeichnet, da sie in dieser Qualität nur aus Bad Salzuflen, bzw. über
den von dort belieferten Fachhandel zu erhalten sind.
Grundsätzlich
unterscheidet einen solchen Lautsprecher schon einiges von heute
gewohntem. Äußerlich sofort auffällig ist die weiße Papiermembran, in
der ein Hochtonkegel eingeklebt ist, der ungewöhnlich lang ausgebildet
ist, wenn man ihn mit anderen solchen Konstruktionen, z.B. von Fostex,
vergleicht. Die Stabilität dieses Kegels wird durch einen aufwendigen
sternförmigen Kranz erreicht, der innen hineingeklebt ist. Im Zentrum der
Membran ist auf dem Polkern ein sogenannter Phaseplug montiert, der, je
nach Typ kegel- oder birnenförmig gestaltet, auf das Abstrahlverhalten im
Hochtonbereich Einfluß nimmt. Nicht sichtbar, aber im eigentlichen Sinne
mitten im Geschehen finden wir die Schwingspule. Dieses kleine Meisterwerk
ist derzeit eine unseres Wissens einzigartige Konstruktion: auf dem
Träger ist die Spule sowohl innen als auch außen aufgewickelt, was der
Schwingspule nicht nur eine besonders hohe Formstabilität verleiht,
sondern auch eine optimale Kraftübertragung des Magnetfeldes auf die
Membranbewegungen erlaubt. Dieses Magnetfeld wiederum entsteht in einem so
engen Luftspalt, daß der magnetische Fluß hier geradezu gigantische
Ausmaße annimmt. Beim PM 2a immerhin 2,4 Tesla (zum Vergleich: TIW 360
von Visaton: 1,06 Tesla). Die Polplatte fällt dicker aus, als die
Schwingspule lang ist; somit haben wir es mit einer Unterhangschwingspule
zu tun, die bei einem eher kleinen maximalen Hub allerdings nahezu optimal
symmetrisch angetrieben wird. Die Begrenzung des linearen Hubes stellt
hier kein Problem dar, sondern steht im Zusammenhang mit dem
grundsätzlich erfolgenden Einsatz eines LOWTHER-Treibers in Hörnern.
Das ewige LAUTsprecher-Prinzip
Ohne Übertreibung kann man wohl feststellen, daß die Bündelung des
Schalls zur Lautstärkesteigerung ein uraltes Verfahren ist. Schon lange
vor der Entwicklung auch der ersten Instrumente werden Menschen schon die
Hände vor dem Mund zusammengelegt haben, um sich etwas zuzurufen. Neben
der Bündelung des Schalls und der damit einhergehenden
Schalldrucksteigerung haben Hörner bei korrekter Gestaltung aber auch
noch eine andere Wirkung: durch eine sog. Flächentransformation schwingt
die riesige Luftfläche an der Hornöffnung mit nahezu der gleichen
Amplitude wie die antreibende Membran. Dies bedeutet andersherum, daß
schon bei extrem geringen Auslenkungen des Lautsprechers sagenhaft hohe
Pegel bei tiefen Tönen erreicht werden können, soweit diese Frequenzen
vom Horneffekt noch erfaßt werden. Nachteile sind, daß in Hörnern durch
Reflektionen leicht ungewollte Interferenzen und somit Verfärbungen
auftreten und daß für die Wirksamkeit bei wirklich tiefen Tönen
ausgesprochen große Hornkonstruktionen erforderlich sind. Die Entwicklung
eines HiFi-tauglichen Hornes ist als durchaus aufwendiges und
kompliziertes Unterfangen zu verstehen. Nicht zuletzt deshalb sind die
meisten erfolgreichen Hörner im Prinzip jahrzehntealte Konstruktionen,
die teilweise durch mehrere Entwickler nach und nach optimiert wurden.
Die ACOUSTA
Dieses Horn ist eines mit noch wohnraumtauglichen Abmessungen, das dabei
eine nicht endlos tiefe aber durchaus druckvolle Wiedergabe verspricht. An
dieser Stelle muß allerdings daraufhingewiesen werden, daß auch im
Baßbereich der Wohlklang des hier vorgestellten Lautsprechers mit einer
optimalen Aufstellung steht oder fällt! Grundsätzlich kann die ACOUSTA
eher etwas freier aufgestellt werden, als viele andere Hörner, die nur in
den Raumecken ein akzeptables Tieftonfundament zuwege bringen. Die breite
Schallwand wäre bei konventionellen Lautsprechern ein echter Patzer,
fällt aber natürlich mit ihrem Bündelungsverhalten bei einem ca. 20 cm
Breitbänder nicht ins Gewicht. Wie alle HiFi-Breitbandhörner ist die
ACOUSTA ein "backloaded"-Horn, d.h. der rückwertig abgestrahlte
Schall der Membran wird durch das Horn und richtig plaziertes
Dämm-material im Mittelhochtonbereich bedämpft und im Baßbereich über
die obenbeschriebene Flächentransformation dem direkt abgestrahlten
Frequenzband hinzugefügt. Dadurch bleiben die Störungen durch
Interferenzen im Horn minimal.
Der Aufbau
Hörner sind für den Lautsprecherselbstbau etwas ganz besonderes. Auf der
einen Seite stellen sie eine besonders hohe Herausforderung an den
Heimwerker dar. Dies gilt gerade im Vergleich zu den ansonsten möglichst
einfach gehaltenen HÖRMAL!-Bauvorschlägen. Auf der anderen Seite kommt
man nur über den Selbstbau zu gerade noch bezahlbaren Hornkonstruktionen,
da deren Gehäuse sich einer industriellen Mengenfertigung vollkommen
entziehen. Fertighörner tendieren preislich demzufolge immer stark in
Richtung fünfstelliger Beträge und machen den -zugegeben schwierigen-
Selbstbau somit zu einer trotzdem phänomenal lohnenden Angelegenheit.
So klingt es:
Am einfachsten läßt sich eine optimale Aufstellung in Ihrem Raum mit
zwei Helfern herausfinden. Im Rahmen der Möglichkeiten sollten die beiden
Gehäuse im gleichschenkligen Dreieck zum Sitzplatz solange verschoben
werden, bis sich eine angenehm voluminöse Baßwiedergabe einstellt. Ein
zuwenig an Präzision dürfte dabei kaum passieren, die Dynamik eines
vernünftigen Hornes kann von keinem anderen Lautsprecherprinzip erreicht
werden. Richten Sie dabei der Einfachheit halber die Treiber ersteinmal
genau auf sich aus. Wenn möglich kann auch eine Veränderung des
Hörplatzes natürlich noch Verbesserungen bringen. Ist diese
Grundaufstellung gefunden, werden die ACOUSTA in aller Regel ein wenig
aufdringlich klingen und zum Beispiel Stimmen eine unangemessene Härte
verleihen. Die Lautsprecher sollten jetzt beide gleichzeitig langsam nach
außen gedreht werden, bis sich eine angenehme Tonalität einstellt. Wenn
Sie die Achsen der Treiber zu weit von sich weg richten, werden Sie
feststellen, daß das Klangbild zwischen den Boxen zerreißt und sich
keine vernünftige Ortbarkeit der Phantomquellen mehr ergibt. Ist eine
gute Aufstellung gefunden, konnten wir außer der dann optimalen
Hörposition genau in der Mitte durchaus eine vernünftige Klangqualität
auch für zwei nebeneinander sitzende Hörer ausmachen. Dies ist eindeutig
nicht selbstverständlich für Fullrange-Treiber. Der Klang der ACOUSTA
mit dem PM 6a von Herrn Kirchhoff läßt sich tonal durchaus mit guten
Mehrwegkombinationen vergleichen. Alle Instrumente und Stimmen haben die
richtige Klangfarbe und besondere Auffälligkeiten stellen sich hier nicht
ein. Grundsätzlich kann das Klangbild als hell beschrieben werden, wobei
die Feinzeichnung im Höchsttonbereich eindeutig überrascht, wenn man die
Größe des Chassis bedenkt. Gravierende Unterschiede ergeben sich in
einigen anderen Dimensionen der Wiedergabe: Die Impulsivität mit der
sowohl pegelstarke Attacken als auch feine Hintergrunddetails reproduziert
werden und die daraus resultierende Vorstellung räumlicher Verhältnisse
wird bestenfalls von absoluten Top-Lautsprechern erreicht, die dann aber
meist auch größer und vor allem mehrfach teurer sind. Die praktisch
nicht vorhandenen Membranauslenkungen können somit auch kaum
Verschleifungen zwischen lautereren und leiseren sowie tiefer- und
höherfrequenten Signalanteilen verursachen. Ähnliches leisten nur wenige
Drei- und Vierweganordnungen, die dann aber natürlich vertikal eine
deutlich größere Ausdehnung der abstrahlenden Fläche aufweisen. Dafür
verhalten sich solche Systeme allerdings erheblich unkritischer in der
horizontalen Abstrahlung.
Zusammenfassend kann man sagen, daß angesichts des Wirkungsgrades der
ACOUSTA auch schon mit dem kleinen Lowther hier eine wirklich
überzeugende Leistung geboten wurde. Wer wenig Verstärker-"Puste"
zur Verfügung hat und bereit ist, zum Musikhören auf seinem Platz zu
bleiben, findet in diesem Lautsprecher einen absolut empfehlenswerten
Spielpartner, der sich von einigen Schwächen seiner Vorgänger erfreulich
deutlich verabschiedet hat. Wer über einen eher normalen Verstärker
verfügt, könnte ganz massiv überrascht werden, welcher Dynamikumfang
hier mit einem erträglich großen Lautsprecher für letztlich nicht
einmal 1000, (incl. Holz) bei guter Tonalität möglich ist. |